Vom Wein- und Obstbau zur industriellen Biotechnologie – diese Brücke zu schlagen, ist das Ziel des DFI in einem neuen Großvorhaben, das am 1. Januar 2018 an den Start gegangen ist. In Kooperation mit der Hochschule Geisenheim und der Justus-Liebig-Universität Gießen forschen die Biotechnologen des DFI daran, mit Mikrorganismen und Enzymen neue Wertschöpfungsketten ausgehend von pflanzlichen Rohstoffen aus dem Wein- und Obstbau aufzubauen. Dabei geht es unter anderem um die Synthese von Aroma- und funktionalen Inhaltsstoffen für verbesserte Nahrungsmittel, Kosmetika und Pharmazeutika.
Aromastoffe sind wichtige Produkte für ganz unterschiedliche Wirtschaftszweige – ob aus natürlichen Quellen wie ätherischen Ölen gewonnen oder als chemisch synthetisierte Reinstoffe. In den Lebensmittel- und Kosmetik-Branchen sind zudem funktionale Inhaltsstoffe auch abseits der Aromen, aber mit z.B. gesundheitsfördernder Wirkung, wichtige Bestandteile vieler Erzeugnisse. Biotechnologische Verfahren spielen bei der Herstellung solcher Aromen und anderer funktionaler Inhaltsstoffe eine wichtige Rolle, beispielsweise bei der klassischen Weingärung mit Zuchthefen oder der fermentativen Herstellung von natürlichen Konservierungsmitteln für Kosmetikprodukte.
Lange Tradition in der Biotechnologie
Aufgrund der langen Tradition des DFI in der Biotechnologie der Aromastoffe ist es nicht überraschend, dass das Institut Mitinitiator des vom Land Hessen geförderten LOEWE-Schwerpunkts AROMAplus ist. Die Projekte des Schwerpunkts starteten im Januar 2018, haben eine Laufzeit von vier Jahren und werden in enger Zusammenarbeit mit zwei Partnern durchgeführt: dem Institut für Mikrobiologie und Biochemie der Hochschule Geisenheim und dem Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie der Justus-Liebig-Universität Gießen. Mit den spezi-fischen Expertisen im Reben- und Obstbau, in komplexer Analytik, Biochemie, Metabolic Engineering und in Bioverfahrenstechnik ist damit ein komplementärer und einzig-artiger Verbund geschaffen, der neue Wertschöpfungsketten ausgehend von pflanzlichen Rohstoffen der heimischen Wirtschaft aufzeigen und in die Umsetzung bringen will.
Drei Bereiche im Fokus des DFI
> Die Mikroorganismen, die die Oberflächen von Weintrauben und anderem Obst besiedeln, spielen teilweise eine wichtige Rolle bei der Aromen-Bildung bzw. deren Freisetzung. Solche Mikroorganismen werden gezielt hinsichtlich ihres Einsatzes in Getränke-Herstellverfahren sowie auf interessante Enzyme und Inhaltsstoffe durchmustert. Das DFI wird dabei seine Expertise in entsprechenden Screening und Analytik-Methoden, auch mittels spezifischer Isotopenmarkierungs-Techniken, einsetzen und weiterentwickeln.
> Viele Naturstoffe erhalten durch eine Prenylierung, d.h. einer Enzym-katalysierten Übertragung einer Isoprenoid-Kette, einen hydrophoben Molekülteil, der unter anderem die Membrangängigkeit erhöht. Um z.B. antioxidative Naturstoffe aus heimischen Obst-produkten auf diese Weise gezielt modifizieren und damit ihren Transport über Zellmembranen beeinflussen zu können, konstruiert das DFI eine Sammlung von Zell-basierten Prenylierungs-Katalysatoren. Dabei kommen die kürzlich im Institut entwickelten ungewöhnlichen Prenylketten zum Einsatz, die maßgeschneiderte Modifikationen von Molekülen möglich machen.
> Nahrungsmittel waren in der Menschheitsgeschichte im Hinblick auf ihre Inhaltsstoffe oft an die Bedürfnisse der Konsumenten angepasst. Um eine für moderne Ernährungsformen optimale Nährstoffversorgung zu ermöglichen, bietet sich die Verwendung bestimmter, lebensmitteltauglicher (»food grade«) Mikroorganismen im Herstellprozess an. Das DFI will hier seine Erfahrung bei der Produktion bestimmter Inhaltsstoffe nutzen, um in Zusammenarbeit mit den Partnern die Grundlagen für die Herstellung entsprechender Nahrungsmittel zu schaffen und diese in die Anwendung zu bringen.
Bildquelle(n):iStockphoto, leonori
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