Wässrige Systeme sind die am häufigsten verwendeten Lösungsmittel in der Biokatalyse. Ein großer Nachteil ist hierbei die hohe Polarität des Wassers, welche in Kombination mit den hydrophoben Eigenschaften vieler Ausgangsstoffe zu einer geringen Substratlöslichkeit in wasserbasierten Reaktionsmedien führt. Daher werden vermehrt sogenannte nichtkonventionelle Reaktionsmedien wie organische Lösungsmittel, ionische Flüssigkeiten der überkritische Fluide als Reaktionsmedien in Biotransformationen untersucht.
Nachdem sich die Forschung Anfang der 90er Jahre sehr stark auf ionische Flüssigkeiten konzentriert hatte, rücken aktuell verstärkt »Deep eutectic solvents« als vielversprechende alternative Lösungsmittelsysteme in den Blickpunkt. Deep Eutectic Solvents (DES, auch NADES natural deep eutectic solvents, deutsch: niedrig schmelzende eutektische Lösungsmittel) sind eine neue Klasse von Lösungsmitteln, die durch die Vermischung zweier Feststoffe entstehen. Durch die Wechselwirkungen der beiden Ausgangsstoffe auf molekularer Ebene (Wasserstoffbrückenbindung) wird eine Schmelzpunkterniedrigung erzielt. Es entsteht durch das Vermischen aus den Feststoffen eine Flüssigkeit. Gegenüber anderen nichtkonventionellen Reaktionsmedien wird für die meisten DES eine geringe Toxizität, gute Lagerbarkeit und biologische Abbaubarkeit beschrieben. Es konnte bereits in der Literatur gezeigt werden, dass viele technisch relevante Substrate in einem DES aus beispielsweise Cholinchlorid und Harnstoff gelöst werden können.
In der Arbeitsgruppe Industrielle Biotechnologie wurde nun nachgewiesen, dass es möglich ist, direkt aus den Substraten der Enzymreaktion ein DES zu bilden (Hümmer et al 2018). Hier wurden auf Basis von (-)-Menthol und verschiedenen Fettsäuren DES hergestellt und die Bestandteile des Reaktionsmediums mittels einer Lipase zu den entsprechenden Mentholfettsäureestern umgesetzt. Das eingesetzte (-)-Menthol hat aufgrund eines charakteristischen Minzgeschmacks und einer erfrischenden Kühlwirkung ein breites Anwendungsspektrum in der Kosmetik-, Lebensmittel- und Tabakindustrie wie auch der Pharmazie. Der teilweise unerwünschte zu starke Geschmack bzw. die zu starke Wirkung von (-)-Menthol kann durch Veresterung mit kurzkettigen Fettsäuren gemildert und dann eine spätere gezielte Freisetzung erreicht werden. Das DES wirkt so gleichzeitig als Reaktionsmedium und Substratpool und erfüllt damit zwei Aufgaben in der Biokatalyse auf einmal. Die bisherigen Arbeiten führten zu sehr hohen Produktivitäten von über 130 g L-1 d-1 und einer Produktkonzentration von fast 1 mol L-1. Generell kann dieses Konzept zur Erzielung sehr hoher Produktkonzentrationen und hoher Produktionsraten unter lösungsmittelfreien Bedingungen in verschiedenen Industriezweigen eingesetzt werden.
Literatur:
M. Hümmer, S. Kara, A. Liese, I. Huth, J. Schrader, D. Holtmann Synthesis of (-)-menthol fatty acid esters in and from (-)-menthol and fatty acids novel concept for lipase catalyzed esterication based on eutectic solvents. 2018; doi.org/10.1016/j.mcat.2018.08.003
Bildquelle(n): Adobe.Stock (Africa Studio)
zum InhaltsverzeichnisHier können Sie das DFI-Magazin 01/19 herunterladen: