Der Kurs vermittelt praxisnah und fundiert die Grundlagen der Maßstabsvergrößerung verfahrenstechnischer Prozesse. Im Mittelpunkt steht die Anwendung der Ähnlichkeitstheorie: Von der Herleitung dimensionsloser Kennzahlen über die Entwicklung skalierbarer Zusammenhänge bis hin zu typischen Fehlerquellen und Grenzen. Die Teilnehmenden lernen, Prozesse aus dem Labor oder Technikum sicher in den Produktionsmaßstab zu übertragen – und technische Entscheidungen auf eine verlässliche Grundlage zu stellen.
Die Übertragung eines Prozesses aus Labor oder Technikum in die Produktion ist selten eine einfache Rechenaufgabe. Apparate, Maschinen und Reaktoren verhalten sich im großen Maßstab oft ganz anders als im Kleinen – und einfache Hochrechnungen führen schnell in die Irre. Denn geometrische Ähnlichkeit, Wärme- und Stofftransport sowie Kinetik folgen im Maßstab eigenen Gesetzmäßigkeiten.
In diesem Kurs erfahren Sie, wie Sie mithilfe der Ähnlichkeitstheorie und der Dimensionsanalyse verfahrenstechnische Prozesse erfolgreich skalieren. Sie lernen, wie man aus physikalischen Größen sinnvolle, dimensionslose Kennzahlen ableitet – wie etwa Reynolds-, Nußelt- oder Damköhler-Zahl – und wie sich auf Basis dieser Proportionalitäten technische Prozesse sicher übertragen lassen.
Zahlreiche Praxisbeispiele – etwa aus Rührtechnik, Wärme- und Stoffübertragung, Reaktionstechnik und Fluidverfahrenstechnik – illustrieren, wie sich Skalierungsvorgänge nachvollziehbar strukturieren lassen. Sie entwickeln eine Relevanzliste, lösen Gleichungssysteme und prüfen Skalierungsstrategien kritisch auf ihre Grenzen.
Auch ein Perspektivwechsel kommt nicht zu kurz: Wann ist Maßstabsvergrößerung solides Handwerk, wann eher Erfahrungswissenschaft? Was lässt sich berechnen – und was nur abschätzen?
Die Kursteilnehmenden werden nach dem Seminar in der Lage sein, Regelungsziele für typische verfahrenstechnische Prozesse zu definieren. Sie können anhand von gezielten Versuchen (Messungen im stationären Zustand, Auswertung von Sprungantworten) Modelltypen und Kennwerte ermitteln und die geeigneten Reglertypen (P, I, PI, PID) sowie Reglerparameter bestimmen. Sie verstehen, wie durch Modifizieren des klassischen PI(D)-Reglers Stellgrößen begrenzen, den Sollwert verfolgen und Störungen unterdrücken kann. Des Weiteren werden Sie in der Lage sein, einschleifige Regelkreise zu erweitern, um Störungen effektiver zu unterdrücken, Regelgrößen abhängig voneinander, z. B. im Verhältnis, zu regeln sowie das Stellsignal über mehrere Stellgeräte (split-range) zu steuern. Sie lernen Regelungen anhand Annäherungsmodelle der Prozesse mit einer freiverfügbaren Software zu simulieren.
Der Kurs richtet sich an Fachleute aus den Bereichen Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen, Bioverfahrenstechnik, Technische Chemie und angrenzenden Disziplinen, die sich mit der Auslegung, Planung oder Betreibung verfahrenstechnischer Prozesse befassen. Willkommen sind Projektleitende der Prozessindustrie, Projektingenieur:innen, MSR-Techniker:innen, MSR-Spezialist:innen sowie diejenigen, die diese Positionen anstreben – ebenso wie Promovierende und Berufseinsteigende, die ihr Wissen systematisch aufbauen möchten. Der Kurs eignet sich auch zur Auffrischung des einmal gelernten Stoffes. Es wird keine höhere Mathematik (wie Frequenzmethoden oder Laplace-Transformation) angewendet.
‣ Grundbegriffe, Blockschaltbild, Führungs- und Störverhalten einer Regelung
‣ R&I-(Rohrleitungs- und Instrumentierungs-)Fließbild
‣ Typische Prozesse
‣ Stetige PI(D)-Regelung für proportionale, aperiodische Prozesse mit Ausgleich
Tag 2 – Erweiterungen der klassischen PI(D)-Regelung (Totzeitprozesse, Integrierende Prozesse, Pufferbehälter, Fehlerbehebung, Realisierung im Prozessleitsystem, prädiktive Regelung)
‣ Stetige PI(D)-Regelung für proportionale, aperiodische Prozesse mit Ausgleich
‣ Wahl des passenden Regeltyps (P, PI, PID) für verschiedene Prozesse
‣ Erweiterte Regelungsstrukturen (Kaskadenregelung, Verhältnisregelung, usw.)
‣ Stetige PI(D)-Regelung für integrierende Prozesse ohne Ausgleich
‣ Durchflussberuhigende Regelung mit Pufferbehältern
‣ Regelung von Totzeitprozessen mit Smith-Prädiktor
‣ Prädiktive (vorausschauende) Regelung
‣ Praktische Aspekte der Prozessregelung
Vortrag, Rechen- und Simulationsübung (Gruppenarbeit), Diskussion, pdf-Seminarunterlagen.
Die Schritte der experimentellen Modellbildung und des Regelungsentwurfs werden auch mit Ablaufcharts dargestellt. Die Unterschiede der verschiedenen Methoden werden auch anhand Anwendungsbeispiele erklärt.
Prozessanregungen und Regelungen werden mit dem frei erhältlichen Programmpaket Scilab/Xcos simuliert (www.scilab.org/download), in der aktuellsten Version. Die Teilnehmenden erhalten Programmcodes und können das Programm schon während des Seminars anwenden, sofern das Programm im Voraus installiert wurde.
Prof. Dr.-Ing. Robert Haber
Lehrbeauftragter für Regelungs- und Prozessleittechnik, Prozessdatenanalyse
Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme, Technische Hochschule Köln
Autor des Kapitels „Steuern und Regeln von chemischen Reaktoren" in „Handbuch Chemische Reaktoren" (Springer, 2021), Koautor des Buches „Nonlinear System Identification: Input-Output Modeling Approach” (Kluwer, 1999), "Predictive Control in Process Engineering: From the Basics to the Applications" (Wiley, 2011) und Editor des Buches „Control and Monitoring Algorithms in Process Automation Applications“ (Shaker, 2012).
inkl. digitale Kursunterlagen und Teilnahmezertifikat
| 1150,00 EUR | Teilnahmebgebühr |
|---|---|
| 965,00 EUR | Teilnahmegebühr - Gruppenbuchung ab 5 Personen |
| 505,00 EUR | Teilnahmegebühr - Studierende / Doktoranden abhängig von Verfügbarkeit, Nachweis erforderlich |