Methanol-Basierte Biotechnologie

Bild Forschungsprojekt

Methanol ist mit einer weltweiten Produktion von ca. 80 Millionen Tonnen pro Jahr eines der wichtigsten Zwischenprodukte der chemischen Industrie. Hergestellt wird es nahezu ausschließlich mittels eines hocheffizienten Prozesses aus Synthesegas, das momentan noch überwiegend aus fossilen Rohstoffen wie Kohle und Erdgas stammt. An alternativen Prozessen zur Bereitstellung von Synthesegas und damit auch Methanol aus nachwachsenden Rohstoffen oder sogar CO2 wird jedoch in Wissenschaft und Industrie bereits intensiv geforscht.

Obwohl die Herstellung noch teurer ist als die aus fossilen Quellen, sind erste Prozesse für »grünes« Methanol bereits realisiert worden. Aufgrund der hohen Verfügbarkeit und der »grünen« Zukunftsperspektive ist Methanol auch eine attraktive Kohlenstoffquelle für die industrielle Biotechnologie. Schon in den 1970er Jahren wurde gezeigt, dass man aus Methanol Bakterien-Biomasse für den möglichen Einsatz in der Futtermittelindustrie herstellen kann. Ein enormer Vorteil für großvolumige Prozesse ist dabei die hohe Toxizität für die meisten Mikroorganismen, während die als Produktionsorganismen verwendeten methylotrophen Bakterien den Alkohol sowohl als Energie- als auch als Kohlenstoffquelle nutzen können. Die Bioverfahrenstechnik methylotropher Bakterien ist daher bereits seit Jahrzehnten
bis in den Großmaßstab etabliert. Eine neue Dynamik erfährt das Gebiet nun mit den modernen Methoden der Molekularbiologie, welche völlig neue Wertschöpfungsketten ausgehend von Methanol eröffnen, die über die Herstellung von bakterieller Biomasse hinausgehen.

Im DFI wird seit knapp einem Jahrzehnt an den biotechnologischen Möglichkeiten des heute Methylorubrum extorquens (früher Methylobacterium extorquens) genannten Bakteriums gearbeitet. Dabei nutzen die Forscher meist den eher ungewöhnlichen Zentralstoffwechsel und die damit einhergehenden Intermediate, um mit Hilfe von effizienten Produktionsstämmen Feinchemikalien zu produzieren. So konnten die Wissenschaftler des DFI mit genetisch umfangreich modifizierten M.extorquens Stämmen erstmals zeigen, dass Terpene, in diesem Fall C15-Kohlenwasserstoffe, effizient in einer Fermentation aus dem C1-Substrat Methanol gebildet werden können. Dabei wurde ein synthetischer Stoffwechselweg direkt an den Zentralstoffwechsel »angedockt«, um den Stofffluss in der Zelle in die gewünschten Produkte umzulenken, welche beispielsweise als Riechstoffe für die Parfüm- und Kosmetikindustrie von Interesse sind.

Aktuelle Forschungsarbeiten zielen dagegen auf die Synthese von Dicarbonsäuren, die als Feinchemikalien oder Bausteine organischer Polymere großes Potenzial besitzen. Nach Einbringen eines bestimmten Säure-freisetzenden Enzyms aus einem anderen Bakterium und dem Anstauen eines Teils des Zentralstoffwechsels produzieren die Stämme im Fermenter mehrere Gramm Mesaconsäure und Methylsuccinylsäure pro Liter Kulturmedium. Inzwischen ist auch eine zunächst problematische Eigenschaft des Bakteriums überwunden, nämlich die Wiederaufnahme und Verstoffwechslung der Produkte. Die Wissenschaftler haben
dafür spezielle Selektions- und Screening-Verfahren eingesetzt, um Mutanten mit einem Defekt in der Säureaufnahme zu finden. Aber auch durch eine veränderte Prozessführung konnte dieses Stoffwechselverhalten verhindert und teilweise Produktkonzentrationen im zweistelligen Gramm/Liter-Bereich erreicht werden. Im BMBF-geförderten Chiramet-Projekt wird momentan an der Möglichkeit gearbeitet, verschiedene andere Dicarbonsäuren oder deren Derivate freizusetzen. Mit ihren Arbeiten an methylotrophen Bakterien wollen die DFI-Wissenschaftler das große Potenzial einer Methanol-basierten Biotechnologie für die industrielle Herstellung von Fein- und Bulk-Chemikalien aufzeigen.

Dr. Markus Buchhauopt, Prof. Dr. Jens Schrader

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