Neuartiger Korrosionsschutz durch Self-assembled Monolayers aus derivatisierten leitfähigen Polymeren

Bild Forschungsprojekt
Laufzeit: 01.08.2000 - 31.07.2002, 01.11.2002 - 31.01.2005, 01.05.2005 - 31.10.2007
Partner:  -
Geldgeber: Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e.V.
Bearbeiter: Dr. Ulrich Harm
Arbeitsgruppe: Elektrochemie

Projektziel

In diesem Forschungsprojekt sollte eine neuartige Grundierung (Primer) für den Korrosionsschutz von un- und niedriglegiertem Stahl entwickelt werden. Diese Grundierung ist umweltfreundlich, da nur geringe Chemikalienmengen in stark verdünnten wässrigen Lösungen benötigt werden. Die Grundierung besteht aus einer Kombination aus Self-assembled Monolayers und leitfähigen Polymeren (z.B. auf der Basis von Polythiophen) und könnte heutige Konversionsschichten für Stahl
(heute immer noch meist Eisen- und Zinkphosphatierungen ) verbessern oder auch durch kostengünstigere Varianten ersetzen.

Geplante Vorgehensweise

Die neuartige Grundierung sollte ursprünglich in 3 Schritten hergestellt werden : 1. In Wasser gelöste Thiophenderivate mit Phosphonsäure - Ankergruppen bilden auf der passivierten Stahloberfläche Selfassembled Monolayers (SAMs).

2. Diese Self-assembled Layers werden anodisch elektropolymerisiert, so daß sich eine vernetzte Polythiophen-Schicht bildet, die über Alkylketten als Spacer mit Phosphonsäure-Ankergruppen an die metallische Oberfläche (passivierter Stahl) gebunden ist. Dieses Verfahren funktioniert derzeit nur auf halbleitenden (oxidischen) Passivschichten, von denen sich bisher nur die Passivierung mit 10% HNO3   wirklich bewährt hat, da einfache oxidische Passivierungen (z.B. elektrochemisch erzeugt) chemisch zu wenig stabil sind und so keinen ausreichenden Korrosionsschutz auf unlegiertem Stahl ermöglichen.

3. Auf der SAM-beschichteten Oberfläche werden verschiedene kommerzielle Decklacke aufgebracht und mit diesen später vergleichende Haftzug- bzw. Korrosionstests (mit und ohne SAM) durchgeführt.

Die über die Kopfgruppen vernetzte SAM - Schicht bildet zusammen mit den Alkylketten (Spacer) eine hydrophobe Schicht, welche die Eisenauflösung und den Zutritt von aggressiven Ionen zur Stahloberfläche
(z.B. Chlorid - Ionen) stark behindert. Weiter kann die SAM - Schicht wirksam die Lackhaftung steigern, was auch zu einer geringeren Lackunterwanderung unter Korrosionsbedingungen führt.   

Stand der Arbeiten

Zunächst wurden erfolgreich verschiedene zur SAM - Bildung benötigte Phosphonsäuren mit Alkyl- und Arylspacern synthetisiert. Als Kopfgruppen wurden dabei u.a. Terthiophen- , N-Pyrrol und Anilin - Einheiten sowie verschiedene reaktive Funktionalitäten verwendet. Es wurde gezeigt, dass die SAM - Bildung auf passiviertem Stahl durch einfaches kurzes Tauchen in eine verdünnte wässrige Phosphonsäurelösung erreicht werden kann. Dabei wurden sowohl oxidische Passivschichten (Passivierung mit 10% HNO3 oder elektrochemische Passivierung durch anodische Polarisation in wässrigen Elektrolyten) als auch Phosphatschichten (Wischphosphatierung mit Surtec 608, technische Eisenphosphatierungen und technische Zinkphosphatierungen) erfolgreich getestet. Die Charakterisierung der gebildeten SAM - Schichten erfolgte mittels Kontaktwinkelmessungen und durch Aufnahme von Stromdichte - Potentialkurven in wässrigen Elektrolyten.
Die Messung der Lackhaftung von passiviertem Stahl mit und ohne SAM ergab vergleichbar hohe Haftzugwerte SAM - beschichteter Proben im Vergleich zu den analogen Referenz-proben ohne SAM. Eine Elektropolymerisation der SAM - Schicht konnte bei Verwendung von Bithiophen- oder Terthiophen - Kopfgruppen durch anodiche Polarisation (Cyclovoltammetrie CV) in Propylencarbonat durchgeführt werden, sodass das geplante Primersystem grundsätzlich realisierbar ist. Analoge Versuche zur Elektropolymerisation von SAM - Schichten unter Verwendung von N-Pyrrol oder Anilin - Kopfgruppen führten zu keinem Nachweis einer erfolgten Elektropolymerisation.
Da dieser zusätzliche Verfahrensschritt einer Elekropolymerisation von Terthiophen - Kopfgruppen für einen technischen Einsatz zu aufwändig war und andere Nachteile hatte (z.B. war die Anwendung auf den technisch vorteilhaften Phosphatschichten nicht möglich und die benötigte hohe anodische Polarisation führte teilweise bereits zu einer Schädigung der Passivschicht), wurden verschiedene Möglichkeiten zur Vereinfachung und Verbesserung dieses Verfahrens untersucht. Dabei konzentrieren sich die weiteren Projektarbeiten auf die folgenden zwei Methoden der Verfahrensvereinfachung unter Wegfall des zu ungünstigen Verfahrensschrittes der Elektropolymerisation :

  1. Zum einen wurden Phosphonsäuren mit Kopfgruppen aus Oligomeren leitfähiger Polymere hergestellt und die SAM - Bildung auf Stahl mit verschiedenen Passivschichten untersucht.
    Diese Methode hat den Vorteil, dass der Verfahrensschritt der Elektropolymerisation komplett entfallen kann, da hier bereits durch die SAM - Bildung teilvernetzte SAM - Strukturen entstehen. Ausserdem kann diese Variante der Herstellung vernetzter SAMs auf allen Passivschichten einschliesslich den technisch vorteilhaften Eisen- und Zinkphosphatierungen zum Einsatz kommen.
  2. Die andere untersuchte Methode der Verfahrensvereinfachung bestand in der Verwendung von reaktiven SAM - Kopfgruppen, welche beim Aushärten der nachfolgenden Lackbeschichtung an das Lackpolymer anbinden. So sind diese SAM - Moleküle am Ende nach der Lackierung indirekt über dieses Polymergerüst des Lackes miteinander vernetzt / verbunden. Diese Methode der Verfahrensvereinfachung ist sehr kostengünstig (geringe Chemikalienkosten der verwendeten Phosphonsäuren, die zudem nur in stark verdünnten Lösungen eingesetzt werden müssen / kompletter Wegfall des aufwändigen Verfahrensschrittes der Elektropolymerisation) und ist ebenso auf allen Passivierungen des Stahls einschliesslich der Eisen- und Zinkphosphatierungen einsetzbar.

Diese weitere Verfahrensentwicklung führte dann zu folgenden Ergebnissen :

Erste Phosphonsäuren mit Kopfgruppen aus Oligomeren leitfähiger Polymeren ( Derivate eines Anilin - Trimers und von Oligothiophenen ) wurden synthetisiert und die SAM - Bildung auf verschiedensten Passiv- bzw. Konversionsschichten des Stahl untersucht.

Analog wurden mehrere Phosphonsäuren mit reaktiven Kopfgruppen synthetisiert und charakterisiert sowie die SAM - Bildung auf verschiedenen Passivschichten des Stahls untersucht.

Eigene Korrosionstests und extern durchgeführte Wechselklimatests phosphatierter Stahl - Testbleche mit und ohne SAM zeigten nach Industrielackierung korrosionsinhibierende Effekte durch die SAM - Beschichtung, wenn stabile und ausreichend abdeckende Passivschichten/ Phosphatschichen vorlagen. Als Beispiele solcher gut geeigneten Passivschichten sind in verschiedenen Korrosionstests eine übliche Zinkphosphatierung oder die Passivierung mit 10% HNO3 bisher erfolgreich getestet worden. Aber auch auf technischen Phosphatierungen durch externe Industriepartner sind hier in Verbindung mit Lackierungen deutliche korrosionsinhibierende Effekte durch eine zusätzliche SAM - Beschichtung erzielt worden, besonders im Hinblick auf eine verbesserte Lackhaftung bzw.   eine verminderte Lackunterwanderung am Ritz (Beschädigung der Lackierung) unter Korrosionsbedingungen.

Ausblick

Bei weiterer technische Optimierung der hier entwickelten Verfahren zur Herstellung vernetzter SAM - Schichten auf passiviertem Stahl könnte dies eine vorteilhafte Methode zur Verbesserung der Korrosionseigenschaften verschiedenster Passivschichten sein. Dies schliesst auch die technisch wichtige Anwendung zur Nachpassivierung unterschiedlicher Eisen- und Zinkphosphatierungen mit ein. 

Danksagung

Die Projekte wurden bzw. werden aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen AiF e.V. unter den Nummern 12560 N, 13474 N und 14391 N   gefördert. Die Abschlußberichte zum Vorhaben 13474 N und 14391N (Kurzfassung) können Sie hier abrufen (1,9 MB) oder in gedruckter Form bei uns bestellen.

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Das IGF-Vorhaben Nr. der Forschungsvereinigung DECHEMA e.V., Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

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