Methylorubrum extorquens – eine mikrobielle Zellfabrik zur Produktion von Chemikalien aus Methanol

Bild Forschungsprojekt

Methanol ist eine attraktive, flexibel herstellbare Kohlenstoffquelle für Biotechnologie-Prozesse. Es kann über die Zwischenstufe Syngas sehr effizient aus günstigem Erdgas und anderen fossilen Rohstoffen, aber auch aus erneuerbaren Materialen wie Holz oder Biogas synthetisiert werden. Gegenüber vielen anderen biotechnologisch genutzten C-Quellen konkurriert es deshalb nicht direkt mit Nahrungsmittels um Anbauflächen und kann als Flüssigkeit einfacher in Reaktoren zugeführt und kontrolliert werden als gasförmige Substrate wie Syngas, Methan, CO2 oder H2. Der Ausgangsorganismus für unsere mikrobielle Zellfabrik ist Methylorubrum extorquens, welcher Methanol über den Serin-Zyklus assimiliert und die dabei notwendige Glyoxylat-Regeneration über den Ethylmalonyl-CoA-Weg (EMCP) betreibt. Intermediate des EMCP wie Acetoacetyl-CoA oder verschiedene Dicarbonsäure-CoA-Ester findet man sonst nicht im Zentralstoffwechsel der gängigen biotechnologisch genutzten Organismen und stellen den Ausgangspunkt für die Synthese von z.B. Dicarbonsäuren und Terpenoiden dar.

 

SynBioTech – Synergistische Entwicklung biotechnologischer und chemischer Verfahren zur Wertschöpfung von dezentralen C1-Stoffströmen

Laufzeit: 01.04.2020 - 31.06.2023
Partner: TU Darmstadt

Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie (Marburg, DE)

Infraserv GmbH & Co. Höchst KG

Provadis Hochschule

Philipps-Universität Marburg

Wacker Chemie AG

Geldgeber: BMBF
Bearbeiter: Isabelle Marquardt, Dr. Markus Buchhaupt
Abteilung: Chemische Technik
Team: Mikrobielle Biotechnologie

Im Verbundvorhaben SynBioTech als Teil des Innovationsraumes BioBall wird biogenes CO2 in einem chemischen Verfahrensschritt zu Methanol hydriert, das anschließend mit Hilfe von Methylorubrum extorquens-Stämmen zu Biomasse für die Futtermittelindustrie bzw. Säure-Derivaten für den chemischen Markt umgesetzt wird.

Der Fokus der Arbeiten des DECHEMA-Forschungsinstituts liegt auf der Erforschung und Optimierung der Robustheit des methylotrophen Bakteriums gegenüber Prozessschwankungen. Insbesondere wird nach Mutanten gesucht, die auch längere „Hunger“-Phasen besser tolerieren als bisher verfügbare Stämme und sich somit auch für instationäre Prozessbedingungen mit möglichen Methanol-Peaks und Hungerphasen eignen. Mit dem Ziel einer Kopplung von Methanol-Synthese und biotechnologischer Umsetzung ohne aufwändige Aufarbeitung wird zudem die direkte Verwertung des Methanol/Wasser-Gemischs analysiert und mögliche inhibierende Komponenten identifiziert. Neben Arbeiten zur Verbesserung der Wachstumsrate und zur generellen Verbesserung des Mediums werden am DECHEMA-Forschungsinstitut die Prozesse im Labormaßstab getestet. 

 

Chiramet – Biotechnologische Synthese chiraler Substanzen aus Methanol

Laufzeit: 01.07.2017 - 31.01.2021
Partner: Westfälische Wilhelms-Universität (Münster, DE)

Chiracon GmbH (Luckenwalde, DE)

Insilico Biotechnology AG (Stuttgart, DE)

Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie (Marburg, DE)

Geldgeber: BMBF
Bearbeiter: Laura Pöschel, Dr. Markus Buchhaupt
Arbeitsgruppe: Industrielle Biotechnologie

Chirale Substanzen spielen eine große Rolle bei der Herstellung von Feinchemikalien, insbesondere Pharmazeutika. Im Projekt Chiramet wird die Weiterentwicklung von Möglichkeiten zur biotechnologischen Synthese von entsprechenden Chemikalien aus Methanol erforscht. Mit diesem Biomasse-Konversionsprodukt als Ausgangsstoff aller Entwicklungen wird zudem ein wichtiger Beitrag zur Biologisierung der Chemie geleistet.

Methanol ist aufgrund der Verfügbarkeit aus petrochemischen wie nachwachsenden Ressourcen ein sehr flexibler Rohstoff, der sich mittelfristig sehr wahrscheinlich auch aus anderweitig stofflich kaum verwertbaren Rest- und Abfall-Strömen wie urbanem Müll herstellen lässt. Hier kommt der Mikroorganismus Methylorubrum extorquens zum Einsatz, welcher mit Methanol als alleiniger Kohlenstoffquelle wachsen kann. Dadurch wird es möglich, die Produkte aus diesem einfach handzuhabenden und für die meisten anderen Mikroorganismen toxischen Alkohol herzustellen. Um die biotechnologische Synthese verschiedener chiraler Substanzen aus Methanol zu ermöglichen, werden Intermediate eines Primärstoffwechselwegs durch heterolog exprimierte Thioesterasen sekretiert. Zusammen mit einem weiteren akademischen Partner und zwei Unternehmen werden entsprechende Enzyme identifiziert und optimiert, teilweise durch in silico-Modelle vorgeschlagene weitere Optimierungen im Stoffwechsel des Bakteriums vorgenommen, Produktionsprozesse im Labormaßstab durchgeführt und Aufarbeitungsprozesse für die chiralen Produkte entwickelt. 

 

Produktion der Säuren Mesaconat und (2S)-Methylsuccinat aus Methanol mit Methylobacterium extorquens

Laufzeit: 01.01.2012 - 31.12.2014
Partner: ETH Zürich, Stiftelsen SINTEF, Rijksuniversiteit Groningen (RUG), PROMAR AS, Universität Bielefeld, INSA Toulouse, Insilico Biotechnology AG
Geldgeber: EU
Bearbeiter: Dr. Markus Buchhaupt
Arbeitsgruppe: Industrielle Biotechnologie

Es gibt einen enormen Bedarf an nachhaltigen Produktionsprozessen für Grund- und Feinchemikalien. Der Ethylmalonyl-CoA-Weg (EMCP) beinhaltet verschiedene CoA-Ester, wie z.B. Ethylmalonyl-, Methylsuccinyl- oder Mesaconyl-CoA, deren freie Säuren potentiell interessante Produkte für die Chemieindustrie darstellen, beispielsweise als Monomere für Bioplastik. Der EMCP in Methylobacterium extorquens ermöglicht die Synthese dieser teilweise chiralen Feinchemikalien ausgehend von dem kostengünstigen und nicht mit Nahrungsmitteln konkurrierenden Rohstoff Methanol.

Für die Hydrolyse der EMCP-CoA-Ester geeignete Thioesterasen wurden mit in vitro-Experimenten identifiziert und ihre Expressionslevel in M. extorquens optimiert. Die Produktivität verschiedener Stämme wurde verglichen und mit unterschiedlichen Eingriffen in den Stoffwechsel und durch Medienoptimierung erhöht. Momentan konzentrieren sich die Arbeiten auf die Identifizierung der Mechanismen für Säure-Wiederaufnahme und –Verwertung. Das Ziel dieses Projekts ist die Etablierung eines effizienten biotechnologischen Produktionssystems für ungewöhnliche Dicarbonsäuren ausgehend von dem Rohstoff Methanol.

 

Produktion des Sesquiterpenoids α-Humulen mit Methylobacterium extorquens

Laufzeit:  01.01.2012 - 31.12.2014      
Partner: ETH Zürich, Stiftelsen SINTEF, Rijksuniversiteit Groningen (RUG), PROMAR AS, Universität Bielefeld, INSA Toulouse, Insilico Biotechnology AG
Geldgeber:  EU
Bearbeiter:  Dr. Markus Buchhaupt
Arbeitsgruppe:  Industrielle Biotechnologie

In den letzten 10 bis 15 Jahren wurde mittels „Metabolic Engineering“ die de novo-Produktion von Terpenoiden in einigen Mikroorganismen ermöglicht, wobei die Sesquiterpenoide Amorpha-1,4-dien, Farnesen und Artemisininsäure die bekanntesten Beispiele darstellen. Nahezu alle dieser mikrobiellen Terpenoid -Zellfabriken verwenden dabei als Rohstoff Zucker, der in starker Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht und dessen Preis starken Schwankungen unterliegt. Dieses Projekt hatte zum Ziel, das Sesquiterpenoid α-Humulen mit Methylobacterium extorquens ausgehend von der weltweit verfügbaren Kohlenstoffquelle Methanol zu produzieren. Dabei wurde das Vorkommen von Acetoacetyl-CoA als Intermediat des Zentralstoffwechsels in diesem Organismus genutzt, da dieses zugleich den Start-Metabolit des Mevalonat-Wegs darstellt. Das Einbringen dieses Terpenproduktions-Stoffwechselwegs zusammen mit einer Prenyltransferase und einer pflanzlichen α-Humulen-Synthase führte zur Bildung dieses Modellterpenoids. Die Verwendung eines effizienten Expressionssystems und die Feineinstellung der Translationsrate einiger mRNAs ermöglichte die Produktion von 1,6 g/L Humulen in einem Bioreaktor. Dieses Projekt demonstriert das Potential von M. extorquens als Plattformstamm für die Produktion hochwertiger Terpenoide ausgehend von Methanol.

zurück
Kontakt

Dr. Markus Buchhaupt

Tel.: +49 69 / 75 64-629    

 

Publikationen

L. Pöschel, E. Gehr, M. Buchhaupt
Microbiology Open Volume 11, Issue 5 (2022) e1325

L. Pöschel, E. Gehr, M. Buchhaupt

Applied Microbiology and Biotechnology (2022)

F. Sonntag, M. Buchhaupt, J. SchraderApplied Microbiology and Biotechnology 98(10) (2014) 4533–4544

F. Sonntag, J. E. Müller, P. Kiefer, J. A. Vorholt , J.Schrader, M. BuchhauptApplied Microbiology and Biotechnology 99(8) (2015) 3407–3419

F. Sonntag, C. Kroner, P. Lubuta, R. Peyraud, A. Horst, M. Buchhaupt, J. SchraderMetabolic Engineering 32 (2015) 82-94

Buchhaupt & J. SchraderBIOspektrum 21 (6) (2015) 672-67

A. M. Ochsner, F. Sonntag, M. Buchhaupt, J. Schrader, J. A. Vorholt Applied Microbiology and Biotechnology 99 (2) (2015) 517-534

 

 

 

 

Aktuelle Kurse

Zuse-Mitgliedschaft

Jetzt Stifter werden