Endoprothesen - Verbesserte Biokompabilität von Titan-Werkstoffen

Bild Forschungsprojekt

In vielen Industrienationen steigt die Anzahl der Patienten mit künstlichen Hüft- und Knieendoprothesen. Allein in Deutschland kommen auf 10.000 Einwohner jährlich ca. 300 Hüft- Implantationen.

Titanwerkstoffe werden seit etwa 30 Jahren in diesem Bereich der Osteosynthese eingesetzt. Sie kombinieren eine hohe Festigkeit mit einer vergleichsweise geringen Steifigkeit, was die Gefahr der Implantatlockerung oder des Implantatbruchs minimiert. Zudem sind Titanlegierungen wegen ihrer schützenden und rissfreien Titanoxidschicht biokompatibel und besitzen eine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit.

Einsatz von Titanimplantaten

Der Einsatz von Titanimplantaten in der modernen Medizintechnik ist daher unverzichtbar. Die verwendeten Materialien unterliegen einem Verschleiß, wodurch es zur Bildung und Ablagerung von Abriebpartikeln kommt. Durch das Einwirken dieser Verschleißkörper auf den Werkstoff kann es dann zum Abrieb der schützenden TiO2-Passivschicht kommen, was schließlich sogar zum Abstoßen eines Implantats führen kann. Zudem können bei einer Beschädigung der Oxidschicht auch zelltoxische Legierungselemente wie Aluminium oder Vanadium in den Blutkreislauf gelangen.

Funktionalisieren der Oberfläche

Daher ist es von großer Bedeutung, die Oberfläche des Werkstoffs entsprechend zu funktionalisieren. Zum einen ist es von Vorteil, in Bereichen dieser hohen tribologischen Beanspruchungen eine verschleißresistente TiO2-Schicht einzustellen, bzw. für eine verbesserte Osseointegration, also das Anwachsen des Implantats an den Knochen, calciumhaltige Schichten zu erzeugen. Hierzu wurden am DECHEMA-Forschungsinstitut funktionale keramische Schichten auf der biomedizinischen Titanlegierung Ti13Nb13Zr entwickelt. Dabei wurde die Technik der plasmaelektrolytischen Oxidation (PEO) angewandt und der Einfluss der elektrischen Parameter (Stromstärke, Flächenladungsdichte, Spannung, Duty Cycle, Repetitionsrate) sowie der chemischen und physikalischen Parameter (Elektrolytzusammensetzung und -konzentration, Temperatur) auf die Schichteigenschaften untersucht.

Charakterisierung der Oxidschichten

Die erzeugten Oxidschichten wurden hinsichtlich der Korrosionseigenschaften, der Schichtmorphologie, der erzeugten Phasen sowie der Verschleißeigenschaften charakterisiert. Die plasmaelektrolytische Oxidation von Titanwerkstoffen ermöglicht es, eine schützende Schicht auf der Oberfläche zu erzeugen, deren Dicke und Morphologie über einen weiten Bereich eingestellt werden kann. Die keramischen Schichten bestehen im Wesentlichen aus den Titanoxiden Rutil und Anatas, deren Zusammensetzung über einen weiten Bereich gezielt eingestellt werden kann. Die Korrosionsbeständigkeit ist gegenüber dem unbehandelten Grundwerkstoff um mindestens eine Größenordnung verbessert.

Um Faktor 4 härter

Die mechanischen Eigenschaften wie Schichthärte und Elastizitätsmodul können durch die Zugabe keramischer Partikel aus Aluminium- oder Zirkonoxid nochmals deutlich gesteigert werden. Die so erzeugten Schichten übertreffen die Härte des Grundwerkstoffs um einen Faktor 4. Durch den Einsatz eines Calcium und Phosphor enthaltenden Elektrolyten kann das zum Knochenaufbau wichtige Mineral Hydroxylapatit auf der Titanoberfläche gebildet werden. Die gezielte Oberflächenmodifizierung von Titanlegierungen kann somit dazu beitragen, die Biokompatibilität eines Implantats deutlich zu verbessern.

Dr. Stephan Lederer

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