Nanopartikel-basierte Schutzschichten für den temporären Oxidationsschutz beim Presshärten hochfester Stahlbauteile

S. Benfer, M. Yekehtaz, W. Fürbeth, C. Klesen, W. Bleck

 Dr. R. Suchentrunk (Hrsg.), Jahrbuch Oberflächentechnik 2012 - Band 68, Eugen G. Leuze Verlag, Bad Saulgau (2012) 101-115

 

Abstract

Der Presshärtprozess ermöglicht die Herstellung hochfester Bauteile, die zunehmend in der Automobilindustrie Anwendung finden. Da die Formteile während des Prozesses auf Temperaturen von 900 °C bis 950 °C erwärmt werden, müssen sie mit einer Schutzschicht versehen werden, die eine Verzunderung verhindert. Die bisher angewendeten Systeme weisen eine Reihe technischer Probleme auf. Daher wurde ein neues nanopartikel-basiertes Schutzschichtsystem entwickelt, welches die Stahloberfläche vor der Oxidation während des Umformprozesses bei hohen Temperaturen schützen soll. Mittels Sol-Gel-Technologie wurden verschiedene Schichten hergestellt, wobei drei lithium – bzw. kaliumhaltige Dreistoffsysteme am geeignetsten erschienen. Die Materialien wurden mit mehreren Methoden hinsichtlich ihrer Struktur charakterisiert. Zur Quantifizierung der Oxidationsschutz­wirkung der neuartigen Schichtsysteme wurden deren Zunderkonstanten bestimmt und mit denen des unbeschichteten Substrates sowie der Referenzschicht (Usibor®) verglichen. Die lithiumhaltigen nanopartikel-basierten Schichtsysteme schützen den Stahl bis 800°C effektiv vor Oxidation. Bei Temperaturen > 800 °C erhöht sich aufgrund der Phasenumwandlung des Materials die Schichtporosität, wodurch die Substrat­oxidation zunimmt. Anhand von Presshärtversuchen wurde das Umformverhalten in Kombination mit der Thermoschockresistenz der Schichtsysteme untersucht. Nach dem Presshärten sind in den Umformbereichen leichte Schichtabplatzungen zu erkennen. Auf der Fläche, wo ausschließlich Flächenpressung und Thermoschock auf die Schicht einwirkten, ist die Oberfläche größtenteils intakt, was auf gute Thermoschockeigenschaften der nanopartikel-basierten Schichten schließen lässt. Die Untersuchungen der Weiterverarbeitungseigenschaften ergaben, dass Probe­bleche mit den aufgebrachten lithiumhaltigen Schichtsystemen mittels Laserstrahl‑ und Widerstandspunktschweißen gefügt werden können und die Schweißnähte - im Gegensatz zu manchen der bisher verwendeten Systeme - weder intermetallische Fremdphasen noch keramische Schichtrückstände aufweisen. Im Fokus weiterer Arbeiten steht die Senkung der Schichtporosität, denn eine geringere Porosität der Schichtsysteme verbessert sowohl das Hochtemperatur- als auch das Nasskorrosionsverhalten.

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